Cliff

Die Beerdigung von Cliff stand an und eigentlich hätte ich zu gerne darauf verzichtet. Ich hatte Angst,  Angst wieder einmal an jemandem Grab zu stehen. Die Grabrede war schnell und relativ einfühlsam, dennoch zog sie sich wie Stunden. Ich war müde, das alles ermüdete mich und die vielen traurigen Gesichter, Dennis´ trauriges Gesicht, erschlug mich geradezu. Als wir endlich auf dem Weg zu Dennis waren, war ich heilfroh. Es wurde gegessen, sofern das möglich war, viel getrunken und geredet. Ich fühlte mich ziemlich deplatziert und beschloss auf die Terrasse zu gehen um Luft zu schnappen. Dennis saß auf einer Bank und rauchte eine Zigarette, eine Angewohnheit, die ich an ihm immer störend fand. „Hey“ rief ich ihm schon von Weitem zu, damit er sich nicht erschrak. „Hey“ antwortete er mir kleinlaut. Ich setze mich direkt neben ihn. „Wo ist Foster?“ fragte er mich „ich dachte du bringst ihn mit“. „Nein“ mehr musste ich nicht sagen, Dennis ergriff sofort  meine Hand und drückte sie. Er kannte mich gut und hätte ich noch Tränen übrig gehabt, wären sie spätestens jetzt in Strömen geflossen, aber meine Kehle brannte und ich spürte nur einen harten Kloß im Hals.  „Ich hätte dich nie gehen lassen dürfen“ flüsterte er „es tut mir leid“. Es tat nicht mehr weh das zu hören, ich wollte ihn nicht mehr zurück. Ich wollte Cade. Mit jeder Faser meines Körpers fehlte er mir und ich fühlte mich schrecklich allein. „Dad hat dich sehr geliebt“ flüsterte er weiter „er hat mir nie verziehen, dass ich dich betrogen habe“. „Ich tu´s“  flüsterte ich zurück. Er sah mich überrascht an. ich war selbst überrascht wie einfach mir das über die Lippen ging, aber es war die Wahrheit. Es war nicht mehr von Bedeutung.  „Ich verzeihe dir Dennis und du solltest das auch. Es ist schon lange vorbei.“ „Du liebst ihn“ stellte er fest „Cade meine ich“ fügte er hinzu als ich nichts dazu sagte. „Ja das tue ich“ erwiderte ich zögernd „Aber er mich nicht.“ „Dann ist er ein verdammter Idiot“. Ich musste lachen „Das hat dein Vater auch gesagt, Wort für Wort“ Er schmunzelte. Dann drehte er sich zu mir und streichelte mit der Hand über meine Wange. Ich legte meinen Kopf in seine Hand, es tat sehr gut berührt zu werden. Er fuhr mir mit dem Daumen über die Lippen. „Hey“ schallte es zu uns hinüber. Mein Herz fing wie wild an zu klopfen, es klang wie Cade. Ich schaute über die Schulter und da stand er. Er trug Anzug und Krawatte und seine Hände steckten lässig in den Hosentaschen. „Was machst du hier?“ fragte ich ihn völlig erstaunt. Mit ihm hätte ich am letzten gerechnet. Dennis stand auf und schnippte seine Kippe weg. Sanft strich er mich noch einmal über die Wange und lächelte mir aufmunternd zu. Eiskalte Blicke warfen sie sich zu, als sie aneinander vorbei gingen. Cade setzte sich auf den Platz an dem Dennis vor ein paar Augenblicke noch gesessen hatte. „Was machst du hier?“ fragte ich erneut. Das letzte mal hatte ich ihn nach dem Maskenball gesehen, als er mich abserviert hat. „Ich weiß was er dir bedeutet hat“ seine Stimme war so sanft, sie jagte mir warme Schauer über den Rücken. Sogar seine Stimme fehlte mir. „Ich halte dich heute nicht aus Cade, bitte geh“ flehte ich. „Du fehlst mir Cat“ jetzt war seine Stimme nicht viel mehr als ein Flüstern. Wir saßen nur Zentimeter voneinander entfernt, ich konnte ihn riechen und seine Wärme strömte mir entgegen. „Bring mich nach Hause“ flüsterte ich zurück. Er erhob sich und griff meine Hand, aber ich entzog sie ihm. Daraufhin warf er mir einen Blick zu, der mir fast das Herz brach. Ich verabschiedete mich von allen, umarmte noch Dennis´ Bruder und seine Schwester, dann stieg ich in Cades Auto. René hielt uns die Tür auf und wir nickten uns zu, ich konnte die Andeutung eines freundlichen Lächelns über sein Gesicht huschen sehen. Der Wagen setzte sich in Bewegung, die ganze Zeit über sprach keine von uns auch nur ein Wort. Autos und Straßenlaternen zogen an uns vorbei, draußen herrschte das volle Leben, alle waren auf dem Weg irgendwohin. Wahrscheinlich konnten es viele kaum erwarten dort anzukommen, Ich allerdings wusste überhaupt nicht wohin ich gehen wollte. Meine Augen füllten sich endlich mit Tränen, ich hatte das Gefühl auch sie würden sonst verbrennen. Es war Cade nicht entgangen, wie mein ganzer Körper zitterte, langsam zog er mich auf seinen Schoß und hielt mich fest. Er versuchte nicht mich zu beruhigen, er hielt mich einfach nur fest. Dafür war ich ihm so dankbar wie lange nicht mehr. Mit jeder Minute die verstrich ging es mir besser und ich beruhigte mich langsam unter der sanften Berührung seiner Hand, die mir unermüdlich über den Rücken streichelte. Ich sog seinen Duft ein  und am liebsten hätte ich für immer in dieser Position verharrt, aber natürlich war mir klar wie blödsinnig dieser Gedanke war. „Warum tust du das, wenn du mich nicht liebst?“ fragte ich ihn. „Das hab ich nie gesagt“ die Antwort kam schnell und ich spürte wie sein Herz pochte. „Vor was hast du solche Angst, Cade? Ich versteh´s nicht.“ Ich versuchte mich von ihm zu lösen, aber er hielt mich weiterhin fest. Meine Augen suchten seine, doch er wich meinem Blick aus. Dann nahm er mein Gesicht in seine Hände und küsste mich, lange und leidenschaftlich und ich ergab mich. Das war alles was ich bekommen konnte, was er zu geben in der Lage war und ich nahm es, für heute war mir das genug.